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Descartes »Cogito, ergo sum« wird zu »Ego sum, ego existo«

Schauen wir uns Descartes vermutlich bekanntestes Konzept an, dass bis heute nachhallt und oft als wesentliche Grundlage der Erkenntnistheorie (auch Epistemologie genannt) gilt:

»COGITO ERGO SUM.«

»Ich denke, also bin ich.«

René Descartes

Er legte diese Erkenntnis als erste Grundlage seiner Philosophie fest, denn im Kern dient „Cogito, ergo sum“ als grundlegende Wahrheit in Descartes‘ Streben nach Gewissheit im Angesicht der Skepsis.

Er tat dies unter anderem im bereits erwähnten Werk „Meditationen über die erste Philosophie“ und begab sich so auf eine methodische Reise, auf der er alles anzweifelte, was er anzweifeln konnte, um eine unbestreitbare Grundlage für das Wissen zu schaffen. Er stellte die Zuverlässigkeit der Sinneswahrnehmungen, die Existenz der physischen Welt und sogar die mathematischen Wahrheiten in Frage, die er einst für sicher hielt. Dieser radikale Skeptizismus veranlasste ihn zu der Frage, worüber er sich überhaupt sicher sein konnte. Seine Antwort war das „Cogito“: Wenn er zweifelt, dann muss er denken, und wenn er denkt, muss er existieren. So entpuppt sich „Ich denke, also bin ich“ nicht nur als eine Aussage über die Existenz, sondern als eine grundlegende Einsicht in die Natur des Bewusstseins und des Selbstbewusstseins.

Der methodologische Skeptizismus von Descartes und seine anschließende Erkenntnis des „Cogito“ können als ein monumentaler Wechsel vom Vertrauen auf empirische Beweise und externe Bestätigung hin zu einem introspektiven, rationalistischen Ansatz gesehen werden. Er vertrat die Ansicht, dass unsere Sinne uns zwar täuschen können und äußere Realitäten in Frage gestellt werden können, dass aber das Zweifeln an der eigenen Existenz an sich schon ein Beweis für die Realität des eigenen Geistes ist. Daher ist das „Cogito“ ein Axiom: Es ist selbstverständlich, bedarf keines Beweises von außen und ist die Grundlage für die Struktur des Wissens.

Diese Erkenntnis tauchte zunächst in einer vorläufigen Form in seinem früheren Werk „Diskurs über die Methode“ (erschienen 1637) auf, wo er sie als „Je pense donc je suis“ formulierte, was auf Lateinisch „Cogito, ergo sum“ bedeutet, also „Ich denke, also bin ich“. Später verfeinerte Descartes seine Überlegungen, da er erkannte, dass die Formulierung des Cogito als Argument mit einer unterdrückten Prämisse („Alle Dinge, die denken, existieren; ich denke, also existiere ich“) es anfällig für Zweifel machte.

Als er 1641 die Meditationen schrieb, hatte Descartes sein Verständnis des Cogito weiterentwickelt. Er erkannte, dass die Einbeziehung des „ergo“ („also“) ein anfechtbares logisches Argument darstellte und es zum Axiom machte. Etwas, das immer ein bestimmtes System voraussetzt, um Gültigkeit zu haben. Um dem entgegenzuwirken, präsentierte Descartes das cogito nicht als Argument, sondern als direkte Intuition: „Ego sum, ego existo“ („Ich bin, ich existiere“), und bekräftigte damit seine Wahrheit, wann immer es im Kopf gedacht wird. Diese Unterscheidung ist von entscheidender Bedeutung: Für Descartes wurde das Cogito so vom Axiom zu einer unmittelbaren und selbstverständlichen Wahrheit, die nicht von anderen Prämissen und Systemen abhängt, um gültig zu sein – genannt a priori.

Wenn du mehr über den Unterscheid (und die Gemeinsamkeiten) von „Axiom“ und „A priori“ erfahren möchtest, findest du hier den passenden Artikel.

Das Cogito markiert einen entscheidenden Wendepunkt im philosophischen Diskurs, indem es das Bewusstsein des Subjekts als grundlegenden Anker der Gewissheit etabliert. Es legte den Grundstein für die spätere philosophische Untersuchung der Natur des Selbst, des Wissens und der Realität. Descartes‘ Ansatz beeinflusste zahllose Philosophen und eröffnete neue Wege zur Erforschung des Leib-Seele-Problems, der Natur der Existenz und der Möglichkeiten der Erkenntnistheorie.

Trotz seiner grundlegenden Bedeutung ist das cogito nicht unumstritten. Kritiker argumentieren, dass Descartes‘ methodischer Zweifel und das cogito eine solipsistische Sichtweise des Wissens einführen, die sich zu sehr auf die subjektive Erfahrung des Einzelnen verlässt. Außerdem wird der Sprung vom cogito zu den Beweisen für die Existenz Gottes und der äußeren Welt als weniger überzeugend angesehen, was Descartes den Vorwurf des Zirkelschlusses einbringt.

Ungeachtet seiner Kritik bleibt Descartes‘ cogito ergo sum einer der wichtigsten Beiträge zur westlichen Philosophie. Es bedeutete eine Abkehr von der Scholastik des Mittelalters und läutete die Ära der modernen Philosophie ein. Das Cogito ist ein Zeugnis für die Macht des Zweifels als philosophisches Werkzeug und für das Streben nach Gewissheit durch die Vernunft. Auch wenn Descartes‘ umfassenderes Projekt in den Meditationen – der unzweifelhafte Beweis für die Existenz Gottes und eine Methode zur Erlangung von unanfechtbarem Wissen – vielleicht nicht so erfolgreich war, wie er es sich vorgenommen hatte, so schuf er mit der Formulierung des cogito doch eine neue Grundlage für die philosophische Forschung, indem er die zentrale Rolle des denkenden Selbst bei der Suche nach der Wahrheit betonte.

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