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Einsamkeit: weshalb wir nicht alleine sein wollen

Das vermutlich meist gemiedene Gefühl das wir Menschen kennen ist Einsamkeit, aber wieso ist das eigentlich so?

Das wir nicht alleine sein wollen hat zwei größere Gründe. Der erste ist, das wir in unserer Gesellschaft überall vorgelebt bekommen, dass wenn man alleine ist, etwas mit einem nicht stimmt. Wären wir schließlich „normal“ und anpassungfähig, wären wir nicht alleine. Der zweite Grund ist, dass wir nie wirklich lernen alleine zu sein.

Wenn wir keine wirklichen Ziele im Leben haben, die wir verfolgen können, kommt man schnell in einen Zustand in dem einem nichts wichtig erscheint. Sind wir lange genug diesem Zustand ausgesetzt, fangen wir an, eine Leere in uns zu fühlen. Diese Leere lässt sich aber meistens nicht damit beseitigen, sich mit ihr auseinanderzusetzen, sondern dadurch Ablenkung zu suchen.

Diese Ablenkung kommt in den seltensten Fällen von uns selbst. Wir sind ja schließlich das Epizentrum der Leere. Wir versuchen also der Leere zu entkommen, indem wir uns Ablenkung in Form von Freunden und Familie oder suchen.

Weshalb wir Gesellschaft meist besser erachten als sie ist

Wer kennt es nicht, man läuft durch eine Fußgängerzone und sieht in den verschiedenen Restaurants und Cafés überall Leute, die sich mit anderen unterhalten, lachen und einfach eine gute Zeit haben. Natürlicherweise hätten wir das auch gerne. Was wir aber nicht sehen ist, dass dies nur ein kleiner Ausschnitt eines Tages dieser Personen ist.

Möglicherweise wird es, wenn das so glücklichaussehende Paar aus dem Café nach Hause geht, einen schlimmen Streit geben, weil einer der Beiden rüpelhaft zur Bedienung war. Einen Streit den man, wenn man alleine einen Kaffee trinken ginge, nicht hätte.

Ich will damit nicht sagen, dass alle Leute in der Öffentlichkeit glücklicher wirken, als sie es eigentlich sind. Sondern viel eher, dass wenn man etwas mit anderen Menschen unternimmt immer Rücksicht auf sie nehmen muss. Man kann also nicht immer genau das tun, was man möchte.

Um es einfacher auszudrücken: wenn wir alleine sind, müssen wir lediglich unsere eigenen Präferenzen berücksichtigen. Wir müssen keine Angst haben irgendjemanden zu verletzen oder Unrecht zuzufügen.

Warum wir lernen sollten Allein zu sein

Die Person mit der wir am meisten Zeit in unserem Leben verbringen werden, sind wir selbst. Aus genau diesem Grund ist es von höchster Wichtigkeit, dass wir eine gute und gesunde Beziehung mit uns selbst führen.

Das heißt, dass wir unsere Psyche so schulen damit wir in Gesellschaft wie auch alleine gut zurechtzukommen.

Die Fähigkeit sich mit sich selbst beschäftigen zu können ist elementar. Da wir im Laufe unseres Lebens – ob wir es wollen oder nicht – immer wieder Phasen der Einsamkeit haben werden.

Zu lernen allein zu sein heißt, selbstständig produktiv zu sein, entspannen zu können oder sich sportlich zu fordern. Sprich, man weiß wann, was zu tun ist. Natürlich braucht es viel Übung sich selbst zu verstehen und motivieren zu können. Schließlich gibt es niemanden der einem sagt, dass man sich von der Couch aufraffen und endlich den Abwasch machen soll.

Wenn dir Langweilig ist, wenn du alleine bist, dann bist du offensichtlich in schlechter Gesellschaft.

– Sadhguru

Dies ist eines meiner Lieblingszitate von Sadhguru, da er den Nagel auf den Kopf trifft. Das unwohle Gefühl das häufig mit dem Alleinsein einhergeht, ist nichts weiter als unsere Inkompetenz mit der Einsamkeit umzugehen.

Häufig wenn ich alleine bin und mir denke, dass vieles besser laufen könnte, denke ich an dieses Zitat und raffe mich zusammen und gehe Spazieren, übe Gitarre oder finde sonst eine Beschäftigung und vergesse die meisten meiner negativen Gedanken.

Es ist zwar kein leichter Weg, aber wer lernt mit sich selbst glücklich zu sein, hat eine Eigenschaft die jeder erlernen sollte – aber nur wenige haben.

Sich einfach mal ein Lagerfeuer anzünden und es alleine genießen

Allein sein ist unsere eigene Entscheidung

Häufig denken wir uns, dass wir alleine sind, weil niemand etwas mit uns unternehmen will. Das wir vielleicht selbst an der Situation Schuld sind, kommt uns häufig gar nicht in den Sinn.

Dabei hätten wir genauso gut diese oder jene Person fragen können, ob sie etwas mit uns unternehmen will. Doch haben wir sie eben nicht gefragt.

  • Wir hätten unsere Eltern anrufen und fragen können, ob sie Lust auf ein gemeinsames Abendessen haben.
  • Wir hätten einen Freund fragen können, ob er ein Bierchen mit uns trinken will.
  • Wir hätten einen Bruder oder eine Schwester fragen können, ob sie mit uns einen Film schauen will.

Es gibt sehr viele Möglichkeiten, die dafür gesorgt hätten, dass wir den Abend nicht alleine verbringen. Allerdings haben wir uns passiv dazu entschieden, eben diesen lieber alleine und schmollend zu verbringen. Mit dem Gedanken das niemand etwas mit uns machen will. Auch wenn dies zu mindestens 50% uns selbst zuzuschreiben ist.

Die Angst allein zu sein

Man läuft durch die Stadt und sieht lauter hübsche und interessante Menschen um sich herum. Man wünscht sich das man ihn, sie, diesen oder jenen davon besser kennenlernen würde. Man hat schon fast das Gefühl, dass man etwas verpasst, wenn man die Person nicht kennenlernt.

Dies kann dazu führen, dass man denkt man könnte den perfekten Partner verpassen. Dies kann wiederum dazu führen, dass man die nächstbeste Person zum Partner nimmt, anstatt noch eine Weile zu warten, bis man den richtigen Partner findet.

Die Angst davor allein zu sein, ist vermutlich für mehr unglückliche Beziehungen verantwortlich, als sonst irgendein Grund.

Wenn wir nur aus der Angst davor allein zu sein einen Partner suchen, dann lassen wir alle wichtigen Kriterien eines guten Partners außer Acht. So wie das Gras nicht schneller wächst, wenn man dran zieht so wird man auch nicht glücklich, nur weil man schnell einen Partner findet. Der Partner muss schließlich auch zu einem passen.

Eine Beziehung um die eigenen schwächen zu kaschieren

Es ist weithin bekannt das Partner sich ergänzen sollten. Damit sich sich gegenseitig voranbringen können. Dafür ist es allerdings wichtig, dass man sich verbessern will. Wenn dies nicht der Fall ist, kann es schnell passieren, dass man die Beziehung dafür nutzt seine eigenen Schwächen zu umgehen, anstatt zu lernen sich zu bessern.

Ein einfaches Beispiel hierfür ist, wenn man selbst eher introvertiert ist und der Partner extrovertiert. Nun könnte mich mein Partner motivieren, dass ich dieses mal beim Pizzalieferdienst anrufe und die Bestellung mache. Ich könnte mich aber auch darauf ausruhen, dass ich weiß, dass es meinem Partner nichts ausmacht da anzurufen.

Im ersten Fall würde ich von meinem Partner Hilfe kriegen, zu lernen über meinen Schatten zu springen und selbst beim Lieferdienst anzurufen.

Im zweiten Fall würden wir uns in unsere schöne vertraute Comfort-Zone kuscheln und uns darauf ausruhen, dass unserer Partner das übernimmt.

Auf den ersten Blick ist es egal für welchen Weg wir uns entscheiden, da in beiden Fällen am Ende eine Pizza an unsere Haustür gebracht wird. Wenn sich allerdings irgendwann die Wege trennen und wir unseren Partner nicht mehr haben, dann haben wir nicht gelernt unsere Angst zu überwinden und beim Lieferdienst anzurufen. Dann haben wir lediglich die Beziehung genutzt um unsere eigenen Schwächen zu kaschieren.

Warum uns die Einsamkeit manchmal mehr und manchmal weniger stört

Wie bei allen Dingen ist es auch bei der Einsamkeit so, dass je mehr man über sie nachdenkt uns das Problem umso größer vorkommt. Wenn wir mal wieder alleine rumsitzen und aus dem Fenster schauen, schleicht sich der Gedanke ein, dass wir allein und ohne Partner sind.

Dieser Gedanke fängt an, an Größe zu gewinnen. Wir fangen an uns zu fragen, ob es an uns liegt, dass niemand mit uns zusammen sein will. Ob wir nicht schön genug sind oder nicht interessant genug. Schnell verlieren wir uns in einer schier endlosen Flut von toxischen Gedanken.

Um ein solches Hochschaukeln von Gedanken gar nicht erst zu zulassen, hilft es, sich einfach ein Beschäftigung zu suchen um sich abzulenken. Dabei geht es nicht darum die Gedanken zu unterdrücken, sondern viel eher darum präventiv dafür zu sorgen, uns nicht schlechter zu reden, als wird tatsächlich sind.

Ein weiterer Faktor, warum uns das allein sein manchmal weniger oder mehr stört, ist die gesellschaftliche Struktur. Das klingt auf Anhieb etwas weit hergeholt, doch lass es mich ganz einfach veranschaulichen. Es ist deutlich leichter mit sich selbst zu vereinbaren, an einem Montagabend allein zu sein als an einem Samstagabend.

Samstagabend wird gefeiert und etwas mit Freunden unternommen. Das ist zumindest das, wie es größtenteils in der Gesellschaft vorgelebt wird. Wohingegen Montagsabend zum Wocheneinstieg eher dafür gedacht ist seine eigenen Sachen zu regeln.

Wenn du dich also das nächste mal an einem Samstagabend alleine fühlst, versuche doch einfach ein paar deiner Sachen zu regeln und stell dir vor, es sei ein Montagabend. Nur mit dem Bonus das du am nächsten Tag trotzdem noch frei hast.

Immer verbunden und trotzdem einsam

In unseren Zeiten haben wir jederzeit und überall die Möglichkeit mit anderen Menschen in Kontakt zu treten. Wir müssen nichts weiter tun, als unser Smartphone aus der Tasche zu ziehen und einen der Tausend möglichen Kontakte anzuschreiben.

Doch auch wenn das Erhalten einer Nachricht nachweisslich unseren Dopamin-Level steigert, so ist ein Chat zur Ablenkung dennoch nur ein lausiger Kompromiss für eine wirkliche Unterhaltung.

Wir erstellen Profile, die nur ausgewählte Inhalte von uns repräsentieren. Wir stellen unser Leben und unsere Persönlichkeit deutlich interessanter dar, als sie es eigentlich ist. Nun wollen wir Bestätigung von eben so leeren und künstlichen Internetpersönlichkeiten. Diese Bestätigung ist allerdings kaum etwas wert, da sie kaum real ist. Weder die Person die sie uns gibt, ist so wie sie sich darstellt, real, noch ist es das eigene Profil, sprich die eigene „Person“. Die Anerkennung, die wir also erhalten gilt nicht wirklich uns und das wissen wir tief in uns drin.

Meines Erachtens nach ist es besser, sich der Leere in sich zu stellen und sich mit sich selbst zu befreunden, als vor der Leere wegzurennen und sich mit sozialen Medien abzulenken.


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