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Alan Watts erläutert: Nimm das Leben nicht zu ernst

Nimm das Leben nicht zu ernst. Diese Phrase haben vermutlich schon die meisten gehört. Sie ist extrem weit verbreitet und auch der Philosoph Alan Watts hatte sich ihrer bedient. Aber was genau meinte er damit?

Alan Watts versuchte zwischen östlicher und westlicher Philosophie zu vermitteln und verwundert es daher nicht, dass sein Ansatz für „das Leben nicht zu ernst nehmen“ unter anderem einen starken Bezug zum Hinduismus und Buddhismus hatte.

Alan Watts mahnt, das Leben nicht zu ernst zu nehmen. Als Beispiel führt er die hinduistische Lehre an, dass das Leben nur ein Spiel ist, genannt lila (Sanskrit: लीला līlā). Er weist auch darauf hin, dass jede erfolgreiche Kultur Aussteiger zulässt, die daran erinnern, dass man nicht alles zu ernst nehmen sollte.

Das Ganze mag sehr abstrakt klingen und möglicherweise auf Ablehnung stoßen. Auch empfinden viele Leute dies beinahe als Angriff, da sie das Gefühl haben, man spräche ihnen ihre Relevanz auf dieser Welt ab. Alan Watts erklärt jedoch in diversen Werken, dass es nicht als Entmutigung sondern als Erleichterung zu verstehen sei. Auch würde das Leben durch diese Tatsache nicht an Bedeutung verlieren, sondern würde sich lediglich die Perspektive auf diese etwas verschieben.

Hier ein kurzes Video, eines Talks von Alan Watts zu diesem Thema. Ich empfehle es dir anzuschauen, bevor wir uns genauer damit beschäftigen, was er damit genau meinte (wenn du kein Englisch verstehst überspringe das Video einfach):

Sinngemäße Übersetzung

Schauen wir uns nun den Monolog genauer an. Ich habe mir erlaubt ihn mit einigen Kommentaren zu versehen um tiefere Bedeutungen und auch Bezüge etwas näher zu erläutern:

Das einzige, was schlecht sein könnte, ist, es zu ernst zu nehmen.

Mit anderen Worten, wenn man den Grundgedanken annimmt, dass das ganze Universum – alle seine Formen, alle Formen der Biologie, alle verschiedenen Arten: die Giraffen, die Nashörner, die Paviane, die Rosen, die Eukalyptusbäume, alles – eine Form des biologischen Spiels ist.

Watts erwähnte immer wieder, dass wir das Leben als spielerischen Akt sehen sollten, bei dem das Spielen das eigentliche Ziel ist, statt als furchtbare Aufgabe, bei der wir uns nur auf ein mögliches zukünftiges Ergebnis konzentrieren, das wir vielleicht erreichen oder auch nicht. Eine seiner Lieblingsanalogien war, dass das Leben wie ein Tanz ist, bei dem wir nicht auf einen bestimmten Punkt im Raum zielen, sondern uns bewusst sind, dass der Zweck des Tanzes einfach darin besteht, zu tanzen:

Es ist eine tanzende Sache, die in verschiedenen Stilen abläuft, und wir würden zu keinem dieser Dinge Siesollten nicht passieren“ sagen, denn sie sind alle die große, Maya – die große Illusion, das große Spiel.

Im Hinduismus bedeutet das Konzept der Maya, dass wir Menschen in einer Illusion gefangen sind, in der unser Ego uns daran hindert, die Wahrheit zu sehen. Alan Watts weist darauf hin, dass es nicht unbedingt etwas Schlechtes ist, in dieser Illusion gefangen zu sein, sondern dass es auch erfüllend sein kann, an ihr teilzuhaben. Dinge wie Beziehungen, Familie und materialistische Besitztümer können der Sinn sein, während man das große Spiel des Lebens spielt.

Das unterstreicht er noch mit folgenden Beispielen:

Und so ist der Palast, die menschliche Gemeinschaft, organisiert mit Arbeitsteilung, mit Klassen, mit all den Komplikationen der Wirtschaft und des Bankwesens und des Transportwesens und so weiter und so fort. All das ist eine besondere Art von Spiel.

Und jede Form davon ist genauso legitim, wie zum Beispiel verschiedene Arten des Tanzens: ein Walzer, eine Rumba, der Foxtrott, der Frosch. Alle sind völlig legitime Formen des Tanzens.

So macht das Universum das.

Aber das Wichtigste ist zu verstehen, was der Sannyasin, der Shramana, der Mann, der aus dem Eimer geht, sagt: „Bitte Leute, die im Eimer sind, ich, meine Existenz erinnert euch daran, dass ihr nur spielt.

Nehmt es nicht zu ernst, denn wenn ihr es zu ernst nehmt, fangt ihr an, euch gegenseitig zu zerstören und zu bekämpfen. Diese Stadt gegen jene Stadt, dieses Land gegen jenes Land und so weiter. Weil ihr zu sehr involviert seid. Deshalb erlaubt jede vernünftige Gesellschaft einer bestimmten Anzahl von Menschen, abzuweichen. Mönche, eine Art Außenseiter und sagt: Du musst nicht mitmachen. Du musst das Spiel nicht mitspielen.“

Solche „Aussteiger“ aus der Gesellschaft gibt es in so ziemlich jeder Kultur. Im Hinduismus sind sie Vanaprastha – Waldbewohner. Sich von materialistischen Besitztümern zu trennen, ist Teil ihrer Lebensauffassung (der nächste Schritt, bei dem du dich vollständig von der Außenwelt zurückziehst, ist, ein Sannyasin zu werden. In anderen Kulturen findet man solche Aussteiger als Mönche, Einsiedler oder generell als gesellschaftliche Außenseiter.

Bild: Ich vor einer abgelegenen Berghütte in Visp, Switzerland

Eine Gesellschaft, die wahnsinnig und unsicher ist, kann das nicht zulassen. Sie sagt: „Jeder muss mitmachen. Jeder muss arbeiten. Jeder muss dazugehören.

Und dann verschwindet die Freiheit, denn in der Tat ist die Angst groß, wenn du sagst: „Also, du musst nicht mitmachen. Es gibt Bedingungen, unter denen du rausgehen kannst.“ Dann kommen viele Leute zusammen und sagen: „Was würde denn passieren, wenn alle aussteigen?“

Diese Angst, die Alan Watts beschrieben hat, könnte das sein, was dir als erstes in den Sinn kommt

Ich frage: „Was würde passieren, wenn jeder beschließen würde, morgen den American Airlines Flug 3 nach New York zu nehmen?“ Nun, sie würden einfach nicht einsteigen. Ich meine, und das werden sie sowieso nicht, weil viele Leute kein Interesse daran haben. nicht bereit sind, aufzuhören.

Das bedeutet nicht, dass sie minderwertig sind. Die Eichel ist der Eiche nicht unterlegen. Sie ist eine potenzielle Eiche, aber als Eichel ist sie genauso schön und lieblich wie eine ausgewachsene Eiche. So wie ein Baby genauso schön ist wie ein Erwachsener – manchmal sogar noch viel schöner.

So ist ein Mensch, der sich in einem beginnenden Stadium der Evolution befindet, genauso wunderbar wie ein Mensch in einem hohen Stadium der Evolution. Er ist genauso eine Manifestation des göttlichen Tanzes. Wenn eine Gesellschaft also einer bestimmten Anzahl von Menschen erlaubt, sich zurückzuziehen, sollte sie keine Angst haben, dass alle sich zurückziehen wollen, denn manche Menschen sind absolut fasziniert vom Wettbewerb, vom Mitmachen, vom Spiel.

Das sollten sie auch. Für sie ist es in Ordnung. Aber wir erleben heute in den Vereinigten Staaten eine große Motivation für den Rückzug. Das liegt einfach daran, dass wir nicht dafür gesorgt haben. Wir haben nicht… Es gibt keine Möglichkeit für einen Protestanten, Mönch oder Jude zu werden. Die Katholiken haben nur halbherzig für diese Art von Dingen gesorgt.

AUnd es muss Leute geben, die außerhalb des Spiels stehen und sich nicht mit einer Klasse, mit einem Namen, mit einem Ego, mit einer Persona, mit einer Rolle identifizieren.

Es wird deutlich, dass Alan Watts der Möglichkeit, ein Außenseiter der Gesellschaft zu werden, großen Wert beimisst. Er macht deutlich, dass diese Möglichkeit seiner Meinung nach das ist, was die Menschen bei Verstand hält.

Eigene Gedanken

So wie viele Menschen hat mich diese Ansicht zu Beginn ebenfalls verunsichert und auch ein kleines bisschen verärgert. Es kam mir dreist vor zu sagen, dass es keinen tieferen Sinn im Leben gibt. Doch das legte sich relativ schnell wieder, als ich mich näher mit allen Watts Ansätzen aus den fernöstlichen Philosophien beschäftigte, denn er macht an vielen Stellen deutlich, dass dies nur Gedankenspiele und mögliche Erklärungsversuche sind. Nicht erzwingend oder aufdringlich, aber irgendwie plausibel.

Weiter erklärte Watts, dass es völlig in Ordnung sei Ziele zu haben. Nur eben haben wir das Privileg immer wieder erinnert zu werden, dass wir die Dinge nicht zu ernst nehmen müssen.

Meiner Meinung nach ist es so, dass es in der Philosophie generell wichtig ist, nicht alles als absolute Wahrheit anzunehmen, sondern eher für Ideen und Konzepte offen zu sein, dann zu sondieren, welchen Input man in sein Weltbild integrieren oder ablehnen will und kann. 

Es ist besser, weder das eine noch das andere leichtfertig zu tun. Schlimm ist es aber nicht, falls man es doch tut. Und auch das Ändern und Ergänzen seiner Ansichten ist durchaus in Ordnung (und genau genommen völlig normal). Stur auf alte Perspektiven zu beharren, die man sich irgendwann mal angeeignet hat, erscheint mir wenig sinnvoll und ist eine Einladungen für Unfrieden und Bitterkeit.

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