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Descartes über den Mechanizismus

Indem Descartes das Denken über die Beschaffenheit des Universums neu definierte, revolutionierte er nicht nur die Welt der Philosophie, sondern die gesamte. Zuvor war die aristotelische Physik die vorherrschende Weltanschauung der westlichen Welt, welche, vereinfacht zusammengefasst, ein Universum voller Zwecke und inhärenter Qualitäten voraussetzte. Alles hatte eine feste Aufgabe, dem es folgte oder Ziele, nachdem es strebte.

Stattdessen vertrat Descartes die Ansicht, dass die physische Welt nach mechanischen Gesetzen funktioniert, ähnlich wie Maschinen, die von Menschen gebaut werden und keinen eigenen Zweck oder Willen haben.

Das folgende Zitat bringt Descartes‘ Konzept der mechanistischen Weltanschauung auf den Punkt und stammt aus seinem Werk „Prinzipien der Philosophie“ das im Jahr 1644 erschien:

»Ich habe diese Erde und das ganze sichtbare Universum als eine Maschine beschrieben…«

– René Descartes

Mit dieser Aussage bringt Descartes seine Auffassung vom Universum als einer riesigen, komplexen Maschine, die von physikalischen Gesetzen gesteuert wird, auf den Punkt. Diese mechanistische Sichtweise war eine deutliche Abkehr von der eher organischen, sinnorientierten Sicht des Universums. Descartes‘ Vergleich des Universums mit einer Maschine unterstreicht seinen Glauben an die Vorhersehbarkeit, Ordnung und Gesetzmäßigkeit der physikalischen Welt, die durch die Prinzipien der Mechanik und Mathematik verstanden und erklärt werden kann.

Diese Sichtweise ergab sich aus mehreren zentralen Aspekten von Descartes‘ Denken. Von der Mathematik seit jeher fasziniert, bildete sie die Grundlage für das Verständnis die physikalische Welt zu erklären. Seine Entwicklung des kartesischen Koordinatensystems, das Algebra und Geometrie miteinander verband, spiegelt seine Überzeugung wider, dass die Funktionsweise des Universums mit mathematischen Begriffen verstanden werden kann. Er war der Meinung, dass sich die Bewegungen und Eigenschaften von physikalischen Objekten ebenso mathematisch beschreiben lassen wie geometrische Formen. Hierfür übertrug er im kartesischen Koordinatensystem Punkte auf eine x- und eine y-Achse zur Beschreibung von Punkten im Raum. Er revolutionierte somit die Geometrie und legte den Grundstein für die moderne analytische Geometrie, indem er Algebra und Geometrie auf völlig neue Weise miteinander verband.

Die Möglichkeit, den physischen Raum mathematisch zu beschreiben, bestärkte Descartes‘ mechanistische Sicht des Universums. So wie die Teile einer Maschine genau gemessen und beschrieben werden können, lassen sich auch die Komponenten der physischen Welt anhand ihrer Positionen und Bewegungen im Raum verstehen.

Portrait: René Descartes

Descartes kam auf das mechanistische Konzept unter anderem deshalb, da die Entdeckungen in der Astronomie, Physik und Anatomie seiner Zeit nahelegten, dass Naturphänomene durch physikalische Prozesse erklärt werden konnten. Im Gegensatz zum aristotelischen Denken, indem sich auf Eigenschaften wie „Wesen“ oder „Telos“, das Endziel oder den Endzustand, den etwas aus sich heraus anstreben soll, berufen wurde.

Der berühmte Geist-Körper-Dualismus von Descartes spielte ebenfalls eine Rolle. Er betrachtete den Geist als eine nicht-materielle, denkende Substanz, die sich von der materiellen, ausgedehnten Substanz des Körpers unterscheidet. Diese Trennung ermöglichte es ihm, die physische Welt (einschließlich des menschlichen Körpers) als rein mechanisch zu betrachten, die unabhängig vom Geist oder der Seele funktioniert.

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Spannend ist auch, dass, obwohl Descartes ein Mechanist war, er dennoch an Gott glaubte. Er sah Gott als Erschaffer des Universums, der es nach mechanischen Gesetzen in Bewegung gesetzt hat. Diese Sichtweise stimmt mit der deistischen Perspektive überein, nach der Gott wie ein Uhrmacher ist, der eine Uhr baut, sie aufzieht und sie nach ihren Mechanismen laufen lässt. Somit hat sich das im Westen vorherrschende Bild zwar gewandelt, doch unterscheidet sich dieses Konzept noch immer Grundlegend von dem vieler östlicher Weltanschauungen, in denen die Dinge weder wie im klassisch-deistischen Sinne, wie im Christentum, durch irgendeine regierende oder planende Entität geleitet und bestimmt werden, noch in einem Konstrukt gemäß dessen Eigenschaften und Regeln agieren, sondern aus sich selbst heraus entstehen und sind.

Descartes‘ mechanistische Sicht des Universums war für seine Zeit revolutionär und hat die Entwicklung der modernen Wissenschaft maßgeblich beeinflusst. Sie legte den Grundstein für spätere Wissenschaftler wie Isaac Newton, der die Idee vom Universum als eine Maschine, die von universellen Gesetzen gesteuert wird, weiterentwickelte.

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