Epiktet über die Notwendigkeit eines Ziels

Es ist nicht immer einfach sich über sein eigentliches Ziel im klaren zu werden. Natürlich haben wir meistens irgendwelche Ziele im Kopf, auf die wir hinarbeiten. Doch genau das ist das Problem: irgendwelche Ziele werden uns auch stets nur irgendwo hinbringen und nicht dorthin wo wir eigentlich hin sollten.

Das findet sich auch im folgenden Zitat des ehemaligen Sklaven Epiktet (oder auch Epictetus) wieder, der zu den jüngeren Stoa gezählt wird:

„Nur wer sein Ziel kennt, findet seinen Weg.“

Epiktet

Dieses Zitat kann natürlich sehr wörtlich genommen werden und ich denke du wirst ihm beipflichten: Ohne ein klares Wanderziel, wirst du den richtigen Weg nicht bestimmen können. Aber auch im übertragenen Sinn ist dieses Zitat einleuchtend – und spricht ein weit verbreitetes Problem an, dass ich nur allzu gut kenne: Das Fehlen eines höheren Zieles.

Der Grund wieso Menschen oft kein klares höheres Ziel haben, ist soweit ich es beobachte, dass der Mensch die Dinge in den seltensten Fällen bis zum Ende durchdenkt. Und das ist nicht nur für ungeübte Denker eine Gefahr. Ich habe das auch bei sehr analytischen und bewusst denkenden Personen beobachtet.

Tatsächlich kenne ich einige sehr intelligente Menschen, die ihren Job und ihre anderen gesteckten Ziele äußerst gut im Griff haben: finanzielle Stabilität, Partner oder Partnerin, Kinder, Luxus und so weiter. Aber sie haben oft wenig bis gar nicht, über höhere Ziele nachgedacht.

Höhere Ziele sind etwas unhandlich zu erklären, da sie abstrakt sind und auch eben von den uns vertrauteren Ziele (wie den oben genannten) abweichen. Ich werde dennoch versuchen, näherzubringen, was damit gemeint ist:

Zu Beginn ist zu erwähnen, dass es nicht nur eine Art von Intelligenz gibt sondern mehrere. Das ist dir vielleicht sogar bewusst. Oft wird beispielsweise von einer sozialen Intelligenz gesprochen, wenn es um Zwischenmenschliches geht.

Aber das ist nicht alles. Je nach Modell gibt es deutlich mehr. Der US-amerikanischer Erziehungswissenschaftler Howard Earl Gardner hat in seinem Modell beispielsweise 10 Arten von Intelligenz definiert.

Ich möchte hier nicht zu weit ausholen. Falls dich Gardner’s Modell näher interessiert, findest du es hier als Buch aber auch Lukas hat die 10 Typen in einem Artikel über die Intelligenz von Philosophen behandelt.

Jedenfalls ist es so, dass der durchschnittliche Mensch zwar seine Intelligenz in den meisten Bereichen ausprägt, aber eine meist völlig auf der Strecke bleibt:

Die existentielle Intelligenz. Diese ist zwar in jedem Menschen seit Geburt vorhanden, wird aber früh in der Kindheit meist nicht mehr gefördert oder gar unterdrückt.

Fragen wie „Was bedeutet es zu Lieben?“, „Was ist der Sinn des Lebens?“, „Wer bin Ich?“, resultieren aus dieser Intelligenz, die auch sonst kein anderes Lebewesen auf dem Planeten aufweist. Räumliche Intelligenz, naturkundliche Intelligenz sogar musikalische Intelligenz können hingegen in Tieren vorkommen.

Grund, dass die existenzielle Intelligenz meist verkümmert, ist, dass weder Schulen, noch Familien für gewöhnlich darauf aus sind, existentielle Fragen zu behandeln. Ich möchte hier nicht urteilen, sondern einfach meine Beobachtung schildern.

Es ist daher plausibel, dass nur wenige Menschen sich tiefer mit dem Sinn des eigenen Leben beschäftigen, sondern meist einfach vor sich hinleben und das tun, was der Rest halt auch so macht. Beförderung, Wohneigentum erwerben, usw.. Und auch das meine ich nicht wertend. Es muss nichts schlechtes sein, nicht den größeren Sinn ergründen zu wollen (denn man im Stoizismus übrigens als Logos kennt – hier geht’s zum entsprechenden Artikel).

Aber es kann so passieren, dass man den Weg nicht kennt und daher nicht am eigentlich gewünschten Ziel ankommt. Man kann das beispielsweise bei Menschen beobachten, die irgendwann an einen Punkt kommen, wo auf einmal die Frage laut wird:

„Soll das alles gewesen sein?“.

Auch wenn du dich in dieser Situation wiedergefunden haben solltest, ist das aber nicht weiter schlimm. Denn es bedeutet, du hast noch Zeit dein Leben zu ändern – es quasi mit Farbe zu füllen, wie Seneca einst sagte (hier geht es zu Lukas‘ Artikel zu diesem Zitat).

Wenn du dich aber früh genug damit beschäftigst dein Ziel zu identifizieren, stehen die Chance gut, dass du souverän dorthin navigieren kannst, wie Seneca in einem anderen Zitat deutlich machte, das Lukas in diesem Artikel erläutert hat.


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