Psychologische Phänomene erklärt: Pygmalion-Effekt

Was wenn ich dir sagen würde, dass deine schulischen Leistungen nicht nur von deiner Ausbildung und deiner Intelligenz abhingen? Stell dir eine Welt vor, in der die Überzeugungen und Erwartungen anderer den Verlauf deines Erfolgs beeinflussen können, in der die Macht der Wahrnehmung die Fähigkeit hat, deine Fähigkeiten zu formen und die Ergebnisse, die du erzielst, zu gestalten. Nun, das ist die Realität und bekannt unter dem Namen Pygmalion-Effekt bekannt.

Was ist der Pygmalion-Effekt?

Der Pygmalion-Effekt ist ein psychologisches Phänomen, bei dem hohe Erwartungen an jemanden oder etwas zu besseren Leistungen und Ergebnissen führen können. Das Konzept wurde erstmals 1968 von dem Psychologen Robert Rosenthal vorgestellt, der behauptete, dass „Menschen dazu neigen, auf dem Niveau unserer Erwartungen zu steigen (oder zu fallen)“.

Der Effekt ist auch als Rosenthal-Effekt, selbsterfüllende Prophezeiung oder positive Erwartungstheorie bekannt und wurde im Bildungskontext ausgiebig untersucht. Er basiert auf der Vorstellung, dass das Verhalten einer Person durch die Erwartungen anderer geprägt und verstärkt werden kann.

Wie funktioniert sie?

Im Wesentlichen geht es darum, ein Umfeld zu schaffen, in dem Menschen durch die erhöhte Verantwortung oder die Erwartungen anderer zu mehr Leistung motiviert werden. Wenn z. B. eine Lehrkraft erwartet, dass Schüler:innen bei einer anstehenden Prüfung gut abschneidet, sind diese vielleicht motivierter, dafür zu lernen, weil sie wissen, dass die Lehrkraft Vertrauen in ihre Fähigkeiten hat.

Wenn eine Führungskraft positive Erwartungen an ihre Mitarbeiter:innen stellt, werden diese wahrscheinlich härter arbeiten, um diese Erwartungen zu erfüllen und sich als fähig zu erweisen, sie zu erfüllen. Dies ist als Zielsetzungstheorie bekannt, die besagt, dass Menschen ihre Ziele eher erreichen, wenn sie klare Ziele mit herausfordernden, aber erreichbaren Schwierigkeitsgraden haben.

Beispiele

Eines der bekanntesten Beispiele für dieses Phänomen ist ein Grundschulexperiment von Robert Rosenthal und Lenore Jacobson aus dem Jahr 1965. Sie gaben vor alle Schüler:innen mit einem neuen Testverfahren auf ihre kognitiven Fähigkeiten zu testen, wählten aber in Wirklichkeit nach dem Zufallsprinzip 20 Prozent aus, die dann als „intellektuell begabt“ galten. Den Lehrpersonen teilten sie dieses vermeintliche Ergebniss mit. Es stellte sich heraus, dass diese „intellektuell begabten“ Kinder, bei weiteren Tests besser abschnitten als ihre Mitschüler, obwohl sie ursprünglich keinen Vorteil gegenüber ihnen hatten. Zurückzuführen war dies auf sie gesteigerte Erwartungshaltung der Lehrpersonen.

Ein weiteres Beispiel sind Sportmannschaften mit niedriger Moral: Wenn Trainer:innen erwarten, dass die Spieler:innen aufgrund von mangelndem Teamgeist oder fehlendem Einsatz schlechte Leistungen erbringen, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass dies Realität wird, da die Spieler:innen unter solchen Umständen weniger geneigt sind, 100 Prozent zu geben.

Vorteile und Risiken

Dieser Effekt kann äußerst vorteilhaft sein, wenn er richtig eingesetzt wird. Er führt Menschen zum Erfolg oder zum Scheitern. Zu beachten ist aber, dass der Effekt Grenzen hat. Es sollte unbedingt darauf geachtet werden, nicht zu sehr unter Druck zu setzen, ohne ausreichend Zeit für die ausreichende Ausbildung zu geben und nicht zu schnell zu viel von erwartet wird; andernfalls könnten sich Überforderung breit machen, anstatt zum Erfolg motiviert zu werden.

Ebenso sollte darauf geachtet werden, dass keine falschen Aussagen über die Fähigkeiten gemacht werden, die dazu führen könnten, dass die betroffenen glauben, dass sie keinen Erfolg haben können, nur weil jemand anderes das gesagt hat – stattdessen sollten sich darauf konzentriert werden, entsprechend ihrer individuellen Bedürfnisse zu unterstützen und anzuleiten, während sie gleichzeitig realistische Ziele innerhalb eines angemessenen Zeitrahmens setzen.

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